Montag, 23. August 2010

Montag, 9. August 2010

26.06.2010 – 26.07.2010: Quer durch Mexiko – Vom Atlantik zum Pazifik


27.06.2010 – Unser erster Tropensturm


Auf der gut ausgebauten Mex 307 fuhren wir, immer der Küste des Karibischen Meeres folgend, südwärts. Bis Chetumal sind es etwa 300 km, doch schon nach reichlich der halben Strecke ließen wir uns durch einen Wegweiser zur Costa Maya von unserer geplanten Route abbringen.


Auf einer Landzunge, östlich der Lagune Bacalar und der Bahia Chetumal, liegt Mahahual, ein isoliertes und beschauliches Fischerdorf, welches sich gerade von den Verwüstungen des Hurrikan Dean erholt. Im Jahre 2007 wütete Dean hier und zerstörte den gesamten Ort. Auch der ehemals dichte Wald ist verschwunden, übrig geblieben sind nur noch entwurzelte und umgebrochene Bäume, die wohl noch für Jahrzehnte den Bedarf an Brennholz decken werden.


In Miguels Strandbar, neben der wir einen tollen Übernachtungsplatz gefunden hatten, saßen wir dann noch bis spät in die Nacht und lauschten seinen Erzählungen über den grausamen Hurrikan. Seine neue Bar ist jetzt viel stabiler gebaut als die alte – aber die Angst vor den, in immer kürzeren Abständen tobenden Naturgewalten ist bei ihm, wie bei allen Bewohnern des Ortes, allgegenwärtig. Viele hatten damals ihre Existenz komplett verloren, ihr oft ärmlicher Besitz war nicht versichert oder die Versicherungen zahlten nicht.


Nach einer stürmischen Nacht wurden wir am frühen Morgen von Miguels Frau geweckt. Sie erklärte uns in gebrochenem Englisch, dass wir nicht an der Küste stehen bleiben können - es wäre zu unsicher. Erst Miguel brachte dann, die für uns verständliche Erklärung. Eine Unwetterwarnung veranlasste ihn, seine Bar komplett auszuräumen und er gab uns den Rat, einige Kilometer landeinwärts den Sturm abzuwarten.


Kurz nach Mittag begann es stark zu regnen und am Abend tobte der Tropensturm Celia, der mittlerweile zum Hurrikan hoch gestuft wurde, über uns hinweg. Im Pazifik entstanden hatte er jedoch seine Kraft beim Überqueren des mexikanischen Festlandes schon verloren und richtete diesmal in Mahahual nur geringe Schäden an.


Wir standen mit unserem Hobby windgeschützt hinter einem Hotel und haben die Sturmnacht recht unbeschadet überstanden. Am nächsten Morgen, ich war gerade auf der Suche nach einer Möglichkeit, um das WM-Spiel Deutschland gegen England zu sehen, waren die Bewohner von Mahahual schon dabei den zerstörten Bootssteg zu reparieren und den Unrat, den das Meer bis auf den Strandweg gespült hatte, zu beseitigen.


Der Sturm war vorbei, der Regen blieb und so beschlossen wir weiterzufahren. Überflutete und zum Teil eingebrochene Straßen, über die Ufer getretene reißende Flüsse und Regen ohne Pause waren unsere Begleiter auf der Fahrt durch die Bundesstaaten Quintana Roo und Campeche bis nach Chiapas. Später erfuhren wir, dass der Tropensturm Darby, der vierte in diesem Jahr, die Ursache dafür war.


30.06.2010 – San Cristobal de las Casas: Zapatistische Realität und indigene Bräuche


Die Straße von Palenque nach San Cristóbal de las Casas war gleich in zweifacher Hinsicht abenteuerlich. Zum einen war diese Bergstrecke, besonders nach den massiven Regenfällen der letzten Tage, in keinem guten Zustand - zum anderen führte sie durch ein Gebiet, welches als Hochburg der Zapatisten bekannt ist. Obwohl die EZLN (auf deutsch: Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung) sich heute als eine gewaltfreie Guerillaorganisation bezeichnet, wurde immer wieder von Überfällen auf dieser Straße berichtet.


Erstmals trat die EZLN am 1. Januar 1994 in Erscheinung. An diesem Tag überfielen in Chiapas 800 bewaffnete und maskierte Männer in Überraschungsangriffen die Rathäuser von San Cristobal de las Casas, Las Margerita und Ocosingo sowie weiterer Städte und Dörfer, um auf die Diskriminierung der indigenen Bevölkerung in Chiapas aufmerksam zu machen. Nach 12 Tagen bewaffneter Kämpfe mit der Armee wurde ein zeitlich unbegrenzter Waffenstillstand vereinbart. Im Friedensvertrag von San Andrés wurden dann 1996 der indigenen Bevölkerung weitgehende Autonomierechte versprochen, aber von der mexikanischen Regierung nicht wie vereinbart als Gesetz verabschiedet.


In der Folgezeit kam es immer wieder zu blutigen Überfällen durch rechtgerichtete Paramilitärs, so am 22.12.1997 im Ort Acetal, wo 45 Personen getötet wurden. Die meisten Opfer waren Frauen und Kinder - 21.000 Menschen flohen aus ihren Dörfern. Seit 2003 setzt die EZLN in 38 unabhängigen Gemeinden Chiapas eine de-Facto-Autonomie um, wofür jedoch keine Rechtsgrundlage besteht.


Unsere Fahrstrecke nach San Cristóbal führte genau durch dieses Gebiet und damit durch eine der unsichersten Gegenden Mexikos - aber wir mussten durch. Wir waren sehr erschrocken, als uns zwei Pickup’s mit vermummten Männern auf der Ladefläche entgegen kamen, aber sie hatten kein Interesse an uns. Sieht man von dem schlechten Straßenzustand ab, dann war es eine problemlose und auf den letzten Kilometern im Hochland sogar sehr schöne Fahrt. Nach 6 Stunden hatten wir die 200 km geschafft und erreichten San Cristóbal am frühen Abend.


Die schöne alte Kolonialstadt liegt auf 2100 m Höhe zwischen Pinienwäldern und saftig-grünen Wiesen. Das Klima tat uns besonders gut. Nach der feuchten Hitze an der Küste erlebten wir frühlingshafte Temperaturen am Tag und eine angenehme Kühle in der Nacht. Wir kramten unsere Bettdecken aus dem Stauraum hervor und schliefen wieder mal so richtig gut. Auch Basko fühlte sich sichtlich wohl.


Am nächsten Tag war frühes Aufstehen, ganz zum Leidwesen von Petra, angesagt. Wir wollten, noch vor den übrigen Touristen, in das Indiodorf San Juan Chamula fahren. Im Umland von San Cristóbal leben die Mayastämme Tseltal und Tzotzil, nach ihren eigenen Regeln, in einer seit Jahrhunderten bewahrten kulturellen Identität. Sie kleiden sich in ihrer Stammestracht und sprechen bis heute ihre eigenen Sprachen, viele verstehen kein Spanisch.


Die Straße nach San Juan Chamula windet sich durch eine, von Wiesen und Wäldern gesäumte Hügellandschaft, vorbei an Gehöften und Häusern der Indios. Viele der Tzotzil leben weit verstreut im Umland. Der Ort ist für sie der Mittelpunkt des Stammeslebens und mit der Kirche San Juán Bautista auch religiöses Zentrum.


Die Kirche ist eine Besonderheit in Mexiko. Ursprünglich als katholische Kirche gebaut besitzt sie weder Bänke noch Altar oder Orgel. Touristen ist es gestattet die Kirche zu besichtigen, wenn man sich im Hintergrund hält, die Zeremonien nicht stört und auf keinen Fall fotografiert. Wir traten durch das Portal in die Kirche und waren sofort gefangen, von der unbeschreiblichen geheimnisvollen Stimmung. Auf dem, mit duftenden Piniennadeln bestreuten Fliesenboden brannten hunderte Kerzen. Es roch nach Wachs und Weihrauch. Auf dem Boden saßen Indios in kleinen Gruppen und murmelten unverständliche Gebete. Dabei tranken sie Posh, ein selbstgebrannter hochprozentiger Schnaps, der als Trancemittel benutzt wird, und Cola. Auf der linken Seite, vor einem Heiligenschrein, sahen wir eine Heilungszeremonie. Ein Schamane beklopfte den Körper eines Indios mit einem Bund Kräuter und murmelte Gebete, die immer intensiver wurden. Dabei wurde ein lebendiges Huhn über die Flammen der Kerzen geschwenkt und danach getötet. In der Mitte der Kirche kniete ein alter Mann. Auch er trank Posh und murmelte Gebete. Es störte ihn wenig, dass wir in angemessenem Abstand dieses Schauspiel beobachteten, er lächelte uns kurz zu und setzte seine Zeremonie fort, die ebenfalls mit einem Tieropfer den Höhepunkt fand. Etwas verwirrt verließen wir diesen magischen Ort, in dem alte Mayarituale mit den Bräuchen der katholischen Eroberer vermischt wurden.


Den Nachmittag und den Folgetag verbrachten wir dann in San Cristóbal de las Casas. Das alte koloniale Zentrum mit dem zentralen Zócalo, der Kathedrale und den netten kleinen Gassen hat uns gut gefallen. Es war überall sauber und gepflegt. In der Stadt sahen wir viele Indígenas, die mit Kleinigkeiten handelten. Sie waren absolut nicht aufdringlich und ein freundliches „No, gracias señora“ genügte meist, um das Verkaufsgespräch zu beenden.


In einer anderen Dimension wurde auf dem Mercado Indígena, dem größten Markt der Umgebung, gehandelt. Er gilt als einer der interessantesten Märkte Mexikos. Mit einer unüberschaubaren Anzahl an Obst-, Gemüse-, Fleisch- und Fischverkaufsständen, mit kunstvollem Handwerk und billigem Plunder und mit seinen Wohl- und Übelgerüchen brachte er uns noch einmal die Realität des indigenen Lebens näher.


Über Tuxtla Gutiérrez fuhren wir zum Cañon del Sumidero. 1000 Meter tief hat sich hier der Rio Grijalva in den Fels eingeschnitten. Heute ist der Fluss angestaut und wird zur Energiegewinnung benutzt. Der Canyon ist durch eine Panoramastraße mit mehreren Aussichtspunkten erschlossen, von denen wir eindrucksvolle Aussichten in die Schlucht hatten. Auch hier begegneten uns wieder die Geschichte und der Stolz der Mayas. Auf einer Infotafel konnten wir nachlesen, dass sich im Jahre 1527 über 2000 Chiapas-Maya von der Schluchtkante gemeinsam in den Tod gestürzt haben, um der Versklavung durch die Spanier zu entgehen.


Mit den vielen verschiedenartigen Eindrücken der letzten Tage fuhren wir weiter.


04.07.2010 – Bei Hogar Infantil in Ocozocoautla


Wir suchten einen Platz, an dem wir die Erlebnisse der letzten Tage verarbeiten und gleichzeitig eine kleine Ruhepause einlegen konnten und fanden diesen bei Hogar Infantil, einem mexikanischen Kinderheim in texanischer Trägerschaft.


Das Kinderheim liegt wunderschön inmitten einer Ranch, nahe der kleinen Stadt Ocozocoautla. Am Rande der Ranch waren vier Stellplätze für Wohnmobile vorhanden und neben Strom und Wasser stand uns sogar WiFi-Internet zur Verfügung. Noch am ersten Tag kam der Direktor, um uns herzlich zu begrüßen. Wir konnten uns alles ansehen, mit den Kindern Kontakt aufnehmen und die freiwilligen Helfer und Erzieher beantworteten uns jede Frage.


Besonders beeindruckt hat uns, wie nett und freundlich die Kinder miteinander umgingen. Interessant auch, dass fast alle einen qualifizierten Berufswunsch hatten. Ob aus den Jugendlichen später wirklich Lehrer, Ingenieure oder Ärzte werden ist nicht so wichtig, wichtig ist der Wille, aus ihrem Leben das Beste zu machen. Alle haben ihre Chance begriffen und arbeiten an ihrer Zukunft.


Das Klima war sehr angenehm, wir machten ausgedehnte Spaziergänge und hatten Zeit und Gelegenheit wieder einmal Ordnung in unseren rollenden Haushalt zu bringen. Wir fühlten uns rundum wohl und verschoben unsere Weiterreise Tag für Tag.


Am Sonnabend sollte es dann einen Höhepunkt geben. In Mexiko, wie in ganz Lateinamerika, ist der 15. Geburtstag der Mädchen ein ganz besonderer Tag. Das, als Quinceañera bekannte und langersehnte Fest markiert den Eintritt in die Welt der Frauen. Auch im Kinderheim wurde dieses Fest gefeiert, 5 Mädchen waren es diesmal, die an diesem Tag im Mittelpunkt standen. Wir freuten uns über die Einladung des Direktors, hatten wir doch so die Gelegenheit einige Fotos zu schießen.


Die Mädchen waren wunderschön gekleidet, sie waren stolz auf diesen Tag und sehr aufgeregt. Das Fest begann mit einer Andacht in der kleinen Kirche des Kinderheimes. Dann ging es in den großen Mehrzwecksaal zum Feiern. Freunde und Verwandte der Mädchen waren zu Besuch, und natürlich waren alle Kinder des Heimes dabei. Dass mit der Einladung des Direktors auch die Teilnahme am Festessen und ein reservierter Platz am Direktorentisch verbunden waren, war uns schon etwas unangenehm. Wir waren Außenstehende und wurden so fast zu Hauptpersonen.


Herzlichkeit, Gastfreundschaft, Lebensfreude und Gemeinschaftssinn sind die Begriffe, mit denen wir diesen schönen Tag umschrieben haben. Als wir am nächsten Morgen nach der Rechnung für den Campingplatz fragten, sahen wir nur erstaunte Gesichtern und ein Kopfschütteln. Es kostete nichts!! Über die Internetseite des Kinderheimes war aber eine Spende möglich, so dass wir nach knapp einer Woche diesen gastlichen Ort mit einem guten Gewissen verlassen haben.


12.07.2010 – An der Pazifikküste nach Acapulco


Unser Weg an die Pazifikküste führte uns über die Bergausläufer der Sierra Madre de Chiapas. Noch war die Landschaft grün, die Luft klar und frisch, aber je weiter wir zum Pazifik kamen, umso wärmer und feuchter wurde das Klima. Die Mex 200 verläuft in einigem Abstand zur Küste und wir benötigten drei Anläufe, ehe wir einen geeigneten Platz für die Nacht gefunden hatten. In der Nähe des Ortes Emiliano Zapata, am Mar Muerto, fanden wir dann einen ganz netten Platz zwischen den Strandrestaurants. Die Erfrischungsgetränke waren kalt und günstig, gegessen haben hier nichts. Der hygienische Zustand der Küche hat uns davon abgehalten. Am nächsten Morgen sahen wir, wie verschmutzt die Lagune war. Da halfen auch die vielen geschnitzten Schilder mit der Aufforderung, keinen Abfall wegzuwerfen, nichts. Es tat uns immer wieder weh, wenn wir sehen mussten, wie diese außergewöhnlich schöne Natur misshandelt wird.


Über Salina Cruz, eine wenig attraktive Hafen- und Raffineriestadt, fuhren wir nach Huatulco. Hier wird von der mexikanischen Tourismusbehörde ein gigantisches Projekt umgesetzt. Huatulco ist der Sammelbegriff für neun romantische Buchten und mehrere neu- oder ausgebaute Orte. Vieles ist noch im Bau, erst für 2018 ist die Fertigstellung geplant, aber schon jetzt leidet die Region unter Urlaubermangel. Wir fanden einen ruhigen Parkplatz, direkt im Ortskern von Santa Cruz, einem der Hauptorte von Huatulco.


Um den Zócalo reihen sich Bars und Restaurants, die Tische standen bis an den Strand – aber es waren kaum Gäste da. Da half es auch recht wenig, dass man auf Schritt und Tritt angesprochen und mit irgendwelchen Speisekarten konfrontiert wurde. Wir nutzten unseren bevorzugten Stellplatz, um jeden Morgen ein kühles Bad in der sauberen Bucht von Santa Cruz zu nehmen. Danach erkundeten wir die schöne Gegend. Anders als in Cancún setzt man hier auf sanften und zurückhaltenden Tourismus. Es gibt keine Hotelburgen, alles passt sich relativ gut in die Landschaft ein.


Der Pazifik hat normalerweise ein anderes Temperament als in den Buchten von Huatulco, er ist rau, mit hohen brechenden Wellen und einer gefährlichen Unterströmung. An vielen Küstenabschnitten gibt es keine Möglichkeit zum Schwimmen. Dies gilt auch für die Küste nördlich von Puerto Angel. Hier liegt Zipolite, ein legendärer Kultstrand, der Backpacker, Aussteiger und Budgeturlauber gleichermaßen anzieht. Etwas weiter nördlich wird es ruhiger, aber nicht weniger schön.


La Ventanilla (Fensterchen) ist ein kleiner Fischerort mit nur 25 Familien. Der Ortsname ist abgeleitet von einem Felsen mit einem fensterartigen Durchbruch. Nach einer ausgedehnten Strandwanderung, bei der wir auch wieder beobachten konnten, wie mit Netzen vom Strand aus gefischt wurde, haben wir sehr gut im Restaurant des Ortes gegessen und es uns dann im Hobby bequem gemacht. Gegen neun klopfte es zaghaft an unser Wohnmobil und die Besitzerin des Restaurants bot uns an, direkt neben ihrem Haus zu parken. Es wäre besser und auch viel sicherer. Die Nacht war schnell vorbei, das heißt, wir haben gut und fest geschlafen.


Am nächsten Morgen besuchten wir das mexikanische Schildkrötenzentrum im Nachbarort Mazunte. Das Zentrum dient Meeresbiologen zu wissenschaftlichen Studien und zur Zucht aller sieben Schildkrötenarten, die in Mexiko vorkommen. Besonders interessant war für uns die Lederschildkröte. Lange standen wir am Beckenrand und beobachteten ihre lustigen Gesichtszüge beim Auftauchen. Es ist die größte Meeresschildkröte überhaupt, bis zu 2 Meter lang und 600 kg schwer kann sie werden.


Dass sich dieses Schildkrötenzentrum in Mazunte befindet ist kein Zufall. Viele Meeresschildkröten kommen an die Strände von Mazunte zur Eiablage, und bis 1990 waren der Fang und die Vermarktung von Schildkröten die Haupteinnahmequelle der Küstenbewohner. An manchen Tagen wurden in Mazunte tausende Tiere gefangen und abgeschlachtet, bis die mexikanische Regierung ein Fangverbot erließ, damit aber auch den Fischern und deren Familien die Lebensgrundlage entzog. Mit einem beispielhaften ökologischen Entwicklungsprogramm wurde die gesamte Gegend umgestaltet. Heute verdienen sich die Einwohner von Mazunte und La Ventanilla ihr Einkommen durch Tourismus, durch das Schildkrötenzentrum und mit der Herstellung und dem Verkauf von Naturkosmetik-Produkten.


Über Puerto Escondido fuhren wir weiter nordwärts, Acapulco war unser Ziel. Meist übernachteten wir an Fahrtagen bei den weiträumigen PEMEX-Tankstellen oder in kleinen Orten. Kurz vor Acapulco war es, als wir wieder einmal auf der Suche nach einem Schlafplatz von der Mex 200 in Richtung Küste abgebogen sind. Las Peñas stand auf dem Straßenschild und nach 10 km standen wir in dem kleinen Ort, in den sich wohl noch kein Tourist verirrt hatte. Die Straße wurde immer schlechter, bald war sie nur noch eine Schlammpiste. Bei den letzten Hütten verlief sie sich im Sumpf der Lagune Chautengo. Irgendwie schafften wir es unseren Hobby zu wenden. Wir wurden interessiert und zurückhaltend beobachtet, und unsere Grüße wurden nur sehr reserviert erwidert. Ich hatte noch den Satz: „Nur weg hier!“ auf den Lippen, als uns vom ersten Haus des Dorfes freundlich zugewinkt wurde. Es war mittlerweile schon fast dunkel geworden und Petra sagte: „Jetzt frag ich, ob wir hier übernachten können“. Es war eine gute Idee! Wir erlebten so viel Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, wurden mit Obst und frischen Eiern beschenkt und am nächsten Morgen zeigte uns der Sohn der Familie das Dorf. Viele Dorfbewohner kamen vorbei, um uns, die Gäste aus dem fernen Alemania, zu sehen und willkommen zu heißen. Etwas Enttäuschung stand auf ihren Gesichtern, als wir uns gegen Mittag verabschiedeten, um die letzten Kilometer bis Acapulco unter die Räder zu nehmen.


22.07.2010 – Acapulco


Die letzten 20 km bis Acapulco waren eine harte Prüfung für unsere Nerven. Nicht viel schneller als in Schrittgeschwindigkeit passierten wir unzählige Baustellen und Straßenabschnitte, die nur aus Schlamm und Löchern bestanden. Dann, in Acapulco angekommen, verhinderte das hohe Verkehrsaufkommen ein vernünftiges Vorankommen. Wir durchquerten die Stadt weit oberhalb der Küste. Von dort hatten wir einen traumhaften Blick auf die Bucht und wurden gleichzeitig mit den größten Problemen von Acapulco konfrontiert. Durch den unkontrollierten Zuzug armer Dorfbewohner, auf der Suche nach Arbeit, explodierte ab etwa 1950 die Bevölkerungszahl regelrecht. Eine vernünftige Stadtentwicklung war nicht gegeben, so dass der obere Teil der Bucht bis heute von ärmlichen Behausungen, Schmutz und Kriminalität geprägt ist. Seit 1990 versucht die Stadt mit einem aufwändigen Sanierungsprogramm die größten Probleme in den Griff zu bekommen und vor allem, die mit ungeklärten Abwässern verschmutzte Bucht zu sanieren. Die meisten Urlauber wohnen in der gepflegten Hotelzone und werden von diesen Problemen nicht viel erfahren – solange sie nicht Opfer der vielen Diebe oder Betrüger werden. Acapulco steht in der Verbrechensstatistik weit oben – noch vor Mexiko City.


Unser Ziel war das kleine Fischerdorf Pie de la Cuesta, das am nördlichen Stadtrand von Acapulco, auf einer schmalen Landzunge, zwischen Pazifik und der Lagune de Coyuca liegt. An der riesigen Süßwasserlagune kämpfte bereits Silvester Stallone in Rambo 2, heute ist es ein eher ruhiger und erholsamer Ort. Der gepflegte Trailerpark bot uns allen erforderlichen Komfort und es gab eine direkte Busverbindung ins Zentrum Acapulcos.


Die Busfahrt in dem Vorortbus nach Acapulco war ein ganz besonderes Erlebnis. Mindestens 20 Jahre alt, klapprig und so verrostet, dass wir von innen durch die Rostlöcher im Boden die Straße sehen konnten, verwunderte es uns, dass der Bus noch nicht auseinander gebrochen ist. Die Türen schlossen nicht mehr richtig, Armaturen waren nicht vorhanden und der Fahrer saß auf einer Art Campingstuhl hinter dem großen Lenkrad. Das Einzige, was gut funktionierte war die Beschallung im Bus. Ohrenbetäubende mexikanische Musik machte das Gefährt zu einer rollenden Disco, aber es schien niemanden zu stören – selbst Kleinkinder schliefen in den Armen ihrer Mütter friedlich ein. Nach 30 aufregenden Minuten standen wir in Acapulco am Zócalo und wunderten uns, dass diese Schrotthaufen immer noch zur Personenbeförderung eingesetzt werden.


Unser erstes Ziel waren die berühmten La-Quebrada-Klippenspringer, die wohl bekannteste Attraktion Acapulcos. Aus 35 Metern Höhe stürzten sich die Clavadistas (Todesspringer), vorbei an den schräg ins Meer abfallenden Felsen, in die schmale Bucht. Dabei mussten sie sich nicht nur kräftig abstoßen, um an den scharfen Klippen vorbei in das schäumende Wasser der Bucht zu springen, sondern auch noch genau den Zeitpunkt abpassen, in dem die Brandung in die schmale Bucht strömte und eine Wassertiefe schaffte, die diese Sprünge erst ermöglichte. Während der Vorführung wurde der Schwierigkeitsgrad der Sprünge jeweils gesteigert. Saltos, Sprünge rückwärts und Synchronsprünge waren die Höhepunkte. Nach jedem Sprung kletterten die Clavadistas an den Klippen nach oben, um ein weiteres Mal ihren Mut zur Schau zu stellen.


Nicht so spektakulär, dafür wesentlich informativer, war das Historische Museum im Fort San Diego. In einer schön präsentierten Ausstellung wurde die Entwicklung Acapulcos zum Ausgangspunkt der spanischen Expansion im Pazifik dargestellt. Von Acapulco stachen die spanischen Galeonen in Richtung Ostasien und Philippinen in See, um nach Monaten, schwer mit Schätzen beladen, hier wieder anzulanden. Die Schiffe wurden entladen und die wertvollen Waren wie Porzellan, Seide und Gewürze mit Eselskarawanen nach Veracruz transportiert. Von dort erfolgte die Weiterverschiffung nach Spanien. Auch die Goldschätze Perus nahmen diesen Weg. Zum Schutz gegen holländische und englische Piraten wurde 1776 das Fort San Diego erbaut.


Zurück in Pie de la Cuesta erlebten wir zum wiederholten Male einen der spektakulären Sonnenuntergänge, für die dieser Ort berühmt ist. Nach einigen schönen Tagen am Meer zog es uns dann wieder in das klimatisch angenehmere zentrale Hochland.